Mit angezogener Handbremse durch den Alltag oder die Zeit nach dem Lockdown
- naherholigsgebiet
- 23. Mai 2020
- 3 Min. Lesezeit
Als der Bundesrat am 13.März verkündete, dass die Schulen für die nächsten sechs Wochen geschlossen bleiben, sprudelten in meinem Kopf schon tausend Ideen wie wir den Alltag neu gestalten, was wir basteln, malen, spielen, singen. Ich suchte das Internet nach Ideen fürs Homeschooling ab, machte Pläne, etc damit uns ja nie langweilig werden würde. Als es dann am 16.März auch noch hiess, dass die meisten Läden geschlossen würden, stellte ich mich auf eine harte Zeit ein. Ich war bereit öfter mal ein oder auch beide Augen zu zudrücken, mehr Süsses und Bildschirmzeit zu erlauben, den Haushalt hängen zu lassen, alles damit es den Kids und uns als Familie gut geht und wir die Krise gut überstehen. Wir besprachen, wie wir es regeln wollten, falls mein Mann und ich beide im Spital Arbeitseinsätze leisten müssen. Wir installierten Skype, damit wir mit Familien und Freunden in digital in Kontakt bleiben konnten, verschickten viele Postkarten, um anderen in dieser aussergewöhnlichen Zeit eine Freude zu bereiten. Wir verfielen in einen richtigen Actionismus.

Spielen in Zeiten von Corona :) (Anmerkung: Herr Aff trägt die Maske nicht gemäss Hygiene-Richtlinien, ich muss wohl nochmals an die Nähmaschine und eine grössere nähen, die ihm auch über die Nase passt :))
Nun sind mittlerweilen 10 Wochen vergangen, die Schulen haben wieder geöffnet (hier bei uns mit wenigen Einschränkungen und zusätzlichen Regeln, nach Stundenplan wie vorher) und die Läden, Restaurants und Bibliotheken dürfen wieder Kunden bedienen.
Und was ist aus der Krise geworden? Für uns als Familie war es bei weitem nicht so schlimm, wie ich es mir zu Beginn vorgestellt hatte. Gut, wir und der Rest der Familie und unsere Freunde waren alle gesund, sonst hätte die Situation vielleicht nochmals anders ausgesehen. Aber dank Haus und Garten, dem schönen Wetter, viel Material fürs Homeschooling und Kindern, die sich wunderbar auch alleine und zusammen beschäftigen können war die Zeit des Lockdowns fast schon Alltag, zwar irgendwie mit angezogener Handbremse, aber dennoch fast normal. Mein Mann arbeitete weiterhin ausser Haus und ich meisterte den Tag mit den Kindern Zuhause. Klar, die sozialen Kontakte fehlten und fehlen uns nach wie vor. Doch die Krise hat uns als Familie bisher sehr verschont.
Irgendwie habe ich die Zeit Zuhause auch genossen. Die Frage, ob man noch dies und das erledigen oder unternehmen sollte/wollte stellte sich schon gar nicht. Auch die Frage, ob man Freunde treffen könnte, stellten die Kinder nach wenigen Tagen nicht mehr, es war klar, dass es nicht mehr möglich ist. So blieb viel Zeit als Familie, die wir nutzten um angefangene Projekte fertig zu stellen und oder einfach um zusammen zu sein.
Natürlich entstanden auch neue Ideen und Wünsche, aber da wir nicht unbedingt aufs Online-Shopping zurückgreifen wollten, wenn es nicht zwingend notwendig war, versuchten wir aus vorhandenen Materialien, die Ideen zu verwirklichen. Die Kinder haben dadurch hautnah mitbekommen, was es heisst mit Dingen nachhaltig umzugehen. Bis anhin hörte ich von ihnen wenn etwas kaputt oder leer war oft den Satz: "wir können es ja wieder kaufen". Durch den Lockdown war ihnen auch klar, dass dies nun nicht einfach so möglich ist. So wurde zum Beispiel zu den Strassenkreiden sehr Sorge getragen und bis zum letzten Krümelchen benutzt.
Seit die Schulen und Läden wieder geöffnet haben, ist wieder ein Stück Normalität zurück gekehrt. Aber wie vorher ist es noch lange nicht. Kaum mehr ein ungezwungener Schwatz auf dem Weg zum Supermarkt, kein Händedruck, keine Umarmung unter Freunden, alles Steif und zurückhaltend, auf Sparflamme oder eben wie mit angezogener Handbremse. Sehr oft reist bei mir auch ein schlechtes Gewissen mit, da man die Abstandsregeln nicht immer befolgt hat oder befolgen konnte, da man mit dem Händewaschen zunehmend lasch wird, Besuch da war und man mehr war als 5 Personen,...wird das irgendwann aufhören? Werden wir uns daran gewöhnen? Oder dürfen wir bald wieder ohne schlechtes Gewissen voll Gas durchs Leben gehen, geniessen und Kontakte pflegen?
Ich bin gespannt, was noch auf uns zukommt...
Bleibt gesund!
M.
Comments